Absolventenportrait: Von Schulfunk und Kofferfernsehempfängern

,
Hans-Christoph Dziolloß, Absolvent Elektrotechnik

Hans-Christoph Dziolloß, Absolvent Elektrotechnik

„Als erstes eine Anmerkung: Meinen ersten Kontakt mit der Ingenieurschule hatte ich im August 1946. Ich war sieben Jahre alt. Wir waren aus unserer Heimat Schlesien vertrieben worden und gelangten nach einigen Zwischenlagern in den Lichthof vom Hauptgebäude. Dort wurden wir dann auf die Städte und Dörfer des Erzgebirges verteilt.“

13 Jahre später kehrte Hans-Christoph Dziolloß nach Mittweida zurück: „Während der Oberschulzeit (Gymnasium) schwankte ich noch zwischen einem Studium der Chemie oder der Elektrotechnik. Ein Mitschüler überredete mich dann zur Elektrotechnik. Wir beschlossen, uns an der Fachschule für Elektrotechnik Mittweida zu bewerben, da sie unserem Heimatort am nächsten lag und Abiturienten aufgenommen wurden. Wir erhielten eine Absage. Der Grund: An der Schule durften neuerdings nur noch Studenten aufgenommen werden, die eine praktische Ausbildung oder ihren Wehrdienst abgeleistet hatten. Ich erlernte daraufhin den Beruf eines Elektromechanikers im Messgerätewerk Zwönitz – mein Mitschüler ging zur Armee. Von diesem Betrieb wurde ich nach zwei Jahren Lehre zur Ingenieurschule delegiert. Am 06.07.1959 wurde ich zu einem Aufnahmegespräch geladen und erhielt dann am 27.07. die Zulassung zum Studium.“

Schulfunk vom Haus 1 in alle Hörsäle

„An nennenswerte Ereignisse während des Studiums kann ich mich nicht erinnern. Es lief eigentlich alles seinen normalen Gang. Hervorhebenswerte Probleme gab es keine, da auch viele Studierende mit einem Abschluss nach der achten Klasse und Berufsausbildung aufgenommen wurden. Nach jedem Studienjahr mussten die, die noch keinen Armeedienst abgeleistet hatten, für vier Wochen zum Reservistendienst.“

„Spaß gemacht hat vor allem meine Arbeit im Schulfunk. Die Schule besaß damals noch ein kleines Studio im Hauptgebäude mit Lautsprechern in allen Hörsälen. Wir haben hier regelmäßig Sendungen mit schulischen Nachrichten, Informationssendungen zu Theaterbesuchen (es fuhr fast monatlich ein Sonderzug für die Schule nach Karl-Marx-Stadt) u.v.m. produziert und in die Hörsäle übertragen. Besondere Freude bereitete mir die jährlich produzierte ‚Kiste‘. Hier wurden die im Jahr gesammelten Anekdoten, witzige Aussprüche von Dozenten und Studenten und andere erheiternde Ereignisse aufbereitet und zu einer Sendung zusammengestellt. Nicht immer kam das bei allen Dozenten gut an. Da auch bei mir das Geld knapp war, habe ich nach Schulschluss häufig auch beim Stadtfunk im Rathaus gearbeitet.“

„Mich verbindet heute noch viel mit Mittweida, da es schöne Jahre waren, an die ich mich gern erinnere. Das Studium hat gute fachliche Voraussetzungen für den Einstieg in das Berufsleben geschaffen. Ich habe neben meiner Tätigkeit noch 20 Jahre als nebenamtlicher Fachschullehrer Ingenieure an der Außenstelle anfangs der Ingenieurschule Mittweida, später der Ingenieurschule Eisleben, unterrichtet und konnte dabei viel auf meine Studienunterlagen zurückgreifen.“

„Mein Rat: Niemals aufgeben – es findet sich immer eine Lösung.“Dziolloss_2

„Mein Übergang vom Studium zur Praxis war sehr spannend. Es war die Zeit des gerade aufkommenden industriellen Einsatzes von Halbleitern in der DDR. Hier lagen bisher nur wenige Erfahrungen vor. Ich begann meine Tätigkeit als Entwicklungsingenieur im Fernsehgerätewerk Staßfurt.  In den 33 Jahren konnte ich aktiv an der Entwicklung von 13 Generationen von Fernsehgeräten mitarbeiten. 1965 konnte bereits der erste volltransistorisierte Kofferfernsehempfänger entwickelt und auf der Leipziger Messe ausgestellt werden. Die Arbeit bedeutete auch eine hohe Verantwortung jedes Mitarbeiters, da das Fernsehgerätewerk Staßfurt ab 1968 alleiniger Hersteller von Fernsehgeräten in der DDR war und die Produktionsstückzahl sich von 1962 bis 1989 von ca. 120 000 auf ca. 500 000 erhöhte. Näheres dazu ist einer Chronik zu entnehmen, die von den ‚Freunden der Staßfurter Rundfunk- und Fernsehtechnik e.V.‘ in diesem Jahr herausgegeben wird. Ich begann, wie schon geschrieben, 1962 als Entwicklungsingenieur, wurde 1980 Abteilungsleiter in der elektrischen Entwicklung und übernahm 1992 den Gesamtbereich elektrische Entwicklung – das letzte allerdings mit einem Wermutstropfen. Ich musste den Bereich von 50 auf 25 Mitarbeiter reduzieren, was mir verständlicherweise einige schlaflose Nächte bereitete.“

Rückblickend glaubt Hans-Christoph Dziolloß jedoch nicht, dass er heute etwas anders machen würde: „Mein Rat ist, bei Problemen trotz einiger Rückschläge nie aufzugeben. Sprecht mit Kollegen über die Schwierigkeiten. Es findet sich immer eine Lösung, auch wenn man gegebenenfalls von vorn beginnen muss.“

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar