Privatsphäre im Internet © Steve Rhode, Lizenz: Creative Commons CC BY-NC-ND 2.0

Privatsphäre im Internet © Steve Rhode, Lizenz: Creative Commons CC BY-NC-ND 2.0

Der Begriff Tracking beschreibt die Aufzeichnung und Auswertung des Nutzerverhaltens im Internet und ist mittlerweile auf vielen Webseiten gängige Praxis. Dabei wird mittlerweile eine unüberschaubar große Menge von Nutzerdaten angehäuft, was zu einem enormen Privatsphäreverlust führt. Der Nutzer selbst weiß in der Regel nichts davon.

Im Jahr 2011 wurde der Verein „Zwiebelfreunde e.V.“ gegründet, welcher sich mit Anonymität und Privatsphäre im Internet auseinandersetzt. Als einer der Mitbegründer konnte ich während der letzten zwei Jahre einen tiefen Einblick in die Thematik gewinnen und weiß mittlerweile gar nicht mehr, wo ich anfangen soll, wenn ich gefragt werde: „Erzähl mir mal, weshalb Anonymität im Netz so wichtig ist.“

Wer will unsere Daten?

Bei einem Hackerangriff im Jahr 2011 wurden Sony 77 Mio. Datensätze ihrer Kunden gestohlen und vor wenigen Monaten traf es LinkedIn, zuletzt Facebook und Twitter. Selbst Ministerien in England veröffentlichten in den vergangenen Jahren bereits mehrmals große Mengen an Daten, unfreiwillig. Doch ungeachtet dessen läuft der Trend dahin, immer mehr Daten zu speichern. Das betrifft sowohl die staatliche als auch die private Seite. Sinnvolle Regulierungen blieben bis heute aus.

Das Online-Tracking nimmt zu, denn der Markt wächst massiv und es lässt sich viel Geld mit dem Anhäufen von Daten verdienen. Mit Hilfe das Collusion Browser Plugin, mit dem sich Tracking-Cookies visualisieren lassen, wird schnell klar, dass auch Facebook trackt. Und zwar unabhängig davon, ob man Facebook-Nutzer ist oder nicht. Auch Google und viele weitere Firmen haben das Netz bestens mit Trackern durchsetzt, um Nutzern auf Schritt und Tritt zu folgen und Informationen zu speichern.

Das betrifft Daten über das Surfverhalten, die Herkunft der Nutzer, Aufenthaltsorte und vieles mehr. Anhand dieser Daten lassen sich ein Online- und ein Offline-Bewegungsprofil erstellen, auch das Kaufverhalten lässt sich analysieren. Da sich Entwickler in diesem Bereich der Algorithmierung mittlerweile auch verstärkt den Möglichkeiten der Psychologie bedienen, scheint alles möglich zu sein. Auf diesem Wege werden bereits erste Versuche durchgeführt, kriminelles Potential zu analysieren. Auch die Schufa wollte sich an dieser Fülle von Daten bedienen und hat vor wenigen Monaten, erst nach heftiger Kritik das Vorhaben begraben, solche Daten in die Bewertung der Kreditwürdigkeit einfließen zu lassen.

Weshalb Anonymität im Netz wichtig ist

Für den Nutzer ergibt sich eine Zwickmühlensituation: Entweder nicht am digitalen Leben teilzunehmen oder zu riskieren, dass die eigenen Daten irgendwann öffentlich zugänglich sein könnten. Allerdings muss sich jeder auch darüber im Klaren sein, dass bei der Vielzahl an kostenlosen Diensten im Internet mitunter er selbst das Produkt ist.  Besser ist es zu lernen, damit umzugehen.

Dabei geht es uns in der westlichen Welt eigentlich noch ganz gut. Ungeachtet der genannten Probleme können wir unsere Meinung im Internet jederzeit öffentlich und anonym mitteilen. Dass diese nicht immer sinnvoll ist, lasse ich hier außen vor, doch ist die Möglichkeit des anonymen Meinungsaustausch durchaus ein definierendes und formgebendes Element einer funktionierenden Demokratie.

Ja, wir stehen im Netz unter ständiger Beobachtung. Aber nicht, weil eine staatliche Zensurbehörde darauf wartet, uns auf die Finger zu klopfen und ein automatisiertes System den grenzüberschreitenden Datenverkehr mitliest – zumindest noch nicht. In Ländern wie China, dem Iran oder auch Saudi Arabien dagegen ist dies anders. Dort kann eine kritische E-Mail oder ein kritischer Post in einem sozialen Netzwerk mit einem längeren Aufenthalt im Gefängnis enden. Dies mussten unter anderem der chinesischen Blogger Zhai Xiaobing und der Arabische Blogger Mekhlef al-Shammari am eigenen Leibe erfahren.

Während auch bei uns zwar immer häufiger über die Sperrung von Inhalten im Internet diskutiert wird, ist dies in vielen Ländern bereits Realität. Ein Sachverhalt, den Reporter ohne Grenzen mit dem jährlich erscheinenden “Enemies of the Internet” Report dokumentieren. Dabei geht es vielerorts nicht mehr nur darum, den Zugriff auf Webseiten zu blockieren. Auch die gezielte Manipulation von E-Mails und Skype Gesprächen zählen mittlerweile oft zum Repertoire. Für Journalisten und Aktivisten  in solchen Ländern sind technische Möglichkeiten zur Wahrung der Privatsphäre und Anonymität heute unabdingbar für die persönliche Sicherheit und Freiheit.

Am Ende läuft es also darauf hinaus – zumindest für den Moment – dass sich Nutzer selbst schützen müssen. Zwar bieten Google und NAI ein Tracking Opt-Out an und auch ein neuer Internetstandard namens “Do Not Track” in Entwicklung. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dieser tatsächlich Besserung bringen wird: Denn an der Entwicklung sind auch jene Unternehmen beteiligt, die mit Tracking Geld verdienen.

Schon heute gibt es Browser-Plugins wie z. B. Ghostery, die Werbenetzwerke und Tracker blockieren. Da diese jedoch auf die Mitarbeit engagierter Nutzer angewiesen sind, bieten die Plugins bei Weitem noch keine optimale Lösung.

Und was hat das jetzt mit Zwiebeln zu tun?

Um das zu erklären, werfen wir einen Blick auf den Anonymisierungsidienst Tor. Dieser Dienst basiert auf dem sogenannten “Onion-Routing”, welches den zu übertragenden Datenverkehr in mehrere verschlüsselte Schichten verpackt. Bei der Übertragung werden diese Schichten dann – wie beim Schälen einer Zwiebel – von jedem an der Übertragung beteiligten Server nach und nach entfernt und die zugrundeliegenden Übertragungsinformationen freigelegt. Durch dieses Verfahren wird sichergestellt, dass keiner der beteiligten Server sinnvolle Rückschlüsse auf den Nutzer oder die von ihm versendeten Daten ziehen kann Das führt zu einer anonymen Datenübertragung zwischen Nutzer und beliebigen Diensten im Netz.

Tor wurde ursprünglich für das amerikanische Militär entwickelt, um deren Personal im Ausland zu schützen. Es wird heute aber hauptsächlich zur Zensurumgehung und zur anonymen Kommunikation von Aktivisten in der ganzen Welt verwendet. Derzeit stellt es neben Firmen-VPNs die einzige sichere Möglichkeit für chinesische Internetnutzer dar, die dortige Internetzensur zu umgehen und sich frei im Internet zu bewegen. Mit derzeit ca. 40.000 Nutzern täglich wird Tor auch in Deutschland immer beliebter.

Der Zwiebelfreunde e.V. ist einer der größten Betreiber von Tor-Servern weltweit. Wir sehen es als unsere Aufgabe, freien und unzensierten Internetzugang zu fördern. Immer wieder werden wir auch auf Konferenzen und Veranstaltungen eingeladen um über Freiheit im Internet und auch Datenschutz aus technischer Sicht zu sprechen.

Die dargelegte Thematik ist recht komplex und Umfangreich. Es schmerzt mich auch etwas, sie auf gerade einmal zweieinhalb Seiten zu komprimieren. In einem weiteren Artikel werde ich daher etwas näher darauf eingehen, wie man sich konkret mit vorhandenen und einfach zu verwendenden Mitteln im Netz schützen kann.

Wer mehr erfahren möchte, dem sei daher die Webseite des Tor Projekts, www.torproject.org empfohlen. Über den Verein Zwiebelfreunde e.V. finden sich unter www.zwiebelfreunde.de sowie unter www.torservers.net mehr Informationen.