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Absolvent Frank Flemming lehrt an der Fakultät Soziale Arbeit.

Vor 13 Jahren studierte ich Soziale Arbeit an der Hochschule Mittweida. Damals war ich sehr froh über die praxisnahe Ausbildung, die mir im Job oft zu Gute kam. Seit fast sechs Jahren bin ich jetzt in der Sozialen Arbeit mit erwerbslosen Menschen in Dresden tätig. Ich leite eine Informations- und Kontaktstelle, berate dort Menschen rund um das Thema Arbeitslosigkeit und biete Räume zur Begegnung an.

Mein Wissen und meine Erfahrungen im Bereich des Sozialrechts sind durch meine Arbeit stetig gewachsen. In Gruppenarbeit mit Betroffenen und Fachvorträgen zum Sozialgesetzbuch II habe gemerkt, wieviel Spaß es mir macht, dieses Wissen weiterzugeben. Ich finde es wichtig, meine KollegInnen, aber auch Betroffene fortzubilden, denn nur mit dem richtigen Wissen lassen sich Ansprüche durchsetzen und Fehler in Bescheiden erkennen. Bald stand für mich fest, ich möchte mich nebenberuflich als Berater und Referent für Schulungen zum SGB II selbständig machen.

Praxisnahe Fallarbeit im Unterricht

Mein Schulungskonzept basiert bewusst auf Fällen, die ich entweder real erlebt oder selbst konstruiert habe. Seit dem Wintersemester 2013 bin ich auch Lehrbeauftragter im Modul „Recht II“ an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida. Das Modul müssen Studierende im direkten und berufsbegleitenden Bachelorstudium absolvieren.

Die Blockveranstaltung von vier Tagen wird durch viel Gruppenarbeit zwischen den Vorträgen aufgelockert. Wir beginnen mit den Grundlagen und schließen das Seminar mit der Berechnung des Arbeitslosengeldes 2 ab. Die StudentInnen dürfen sich dafür ihre Fälle selbst konstruieren. Jeder kann sich einen Haushalt mit fiktiven Personen ausdenken, die zusammen leben und Arbeitslosengeld beantragen wollen. Anfangs hat die Seminargruppe überrascht reagiert, aber bald fanden alle Gefallen daran.

Ziel erreicht

An Fallarbeiten erklärt der Dozent das komplizierte Thema anschaulich.

An Fallarbeiten erklärt der Dozent das komplizierte Thema anschaulich.

In den Seminaren erlebe ich die StudentInnen als sehr interessiert und aufgeschlossen. Viele arbeiten gern in Gruppen an den Übungsaufgaben und Fällen. Ich freue mich über ihre Rückmeldungen, wenn ihnen

das Seminar gefallen hat, weil es lebendig und nicht so trocken war. Am Ende können die StudentInnen Bedarfsrechnungen ausführen und das Arbeitslosengeld 2 von verschiedenen Bedarfsgemeinschaften überprüfen. Der Weg dorthin ist sehr aufwendig und anstrengend.

Meine aktuelle Seminargruppe im Sommersemester hat so richtig mitgefiebert. Während ich ihnen die Einkommensanrechnung erklärte, qualmten die Köpfe. Als ich dann fragte, ob das für Sie verständlich war, brach die Gruppe plötzlich in lauten Jubel aus. Da wusste ich, jetzt haben sie es.

Auch die im Durchschnitt guten Prüfungsergebnisse sind ein Zeichen dafür, dass die Grundlagen zum SGB II verstanden wurden und die Kenntnisse nun im Praxissemester angewendet werden können. Am Ende kommt meine Arbeit damit wieder den Betroffenen zu Gute, die Hilfe benötigen.

Zulassungsverfahren Soziale Arbeit

Sehr oft werden wir gefragt: „Warum beginnt das Bachelorstudium der Sozialen Arbeit nur im Sommersemester?“ Nun ja, der Ursprung liegt schon etwas zurück. Noch vor einigen Jahren war ein Praktikum von mindestens 20 Wochen notwendig um die Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen. Damit auch jeder die Chance hatte solch ein Praktikum zu absolvieren, wurde der Studienbeginn in das Sommersemester verschoben.

Heute ist das Praktikum von 20 Wochen keine Pflicht mehr. Warum beginnen wir dann trotzdem erst im März? Die Antwort auf diese Frage liegt im Vergabeverfahren und darin, dass sich dieser Studienstart bewährt hat. Der Studiengang Soziale Arbeit ist ein zulassungsbeschränkter Studiengang und die Vergabe der Studienplätze erfolgt über drei „Ranglisten“.

Rangliste A ist der Notendurchschnitt der Hochschulzugangsberechtigung, Rangliste B betrifft die Wartesemester und Rangliste C nimmt zusätzlich noch Bonuspunkte in das Verfahren auf. Boni gibt es im Übrigen für spezielle Praktika, Ausbildungen oder Einzelnoten, wie auch in der Übersicht zu sehen ist. Damit jeder eine Chance hat, sich nach der Schule und vor dem Studium mit dem Aufgabenfeld der Sozialen Arbeit z.B. in Form eines Praktikums vertraut zu machen und dadurch auch Bonuspunkte zu sammeln, beginnen wir auch weiterhin im März.

Bis zum 15. Januar nehmen wir Bewerbungen an. Danach werden die Angaben und Daten der Bewerber bewertet und das Vergabeverfahren durchgeführt. Somit erhält jeder Anfang Februar Post von der Hochschule Mittweida.

Bei Fragen hilft euch unsere Studienberatung gern weiter.

Frank Flemming, Absolvent Soziale Arbeit

Frank Flemming hatte bereits eine Ausbildung absolviert, als er sich für ein Studium an der Hochschule Mittweida entschied: „2001 musste ich kurz vor meiner Gesellenprüfung zum Maler/Lackierer erkennen, dass es schwer werden würde, eine passende Arbeitsstelle zu finden. Daher überlegte ich, welche Alternativen sich mir boten. Nicht dass ich mich in meinem Beruf damals nicht wohl gefühlt hätte, aber ich dachte, dass es noch mehr geben muss. Besonders hilfreich waren damals das Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes und Bekannte aus meinem Umfeld, die mich schließlich dazu bewogen haben, ein Studium der Sozialpädagogik anzufangen ­– eine gute Entscheidung aus heutiger Sicht, denn es passt sehr gut zu mir.“

Verschiedene Praktika halfen ihm dabei, sich im breiten Feld der Sozialen Arbeit zu orientieren: „Ich entschied mich, nach der Gesellenprüfung ein Vorpraktikum im sozialen Bereich zu machen. So kam ich zum SOS-Kinderdorf Zwickau und unterstützte das Team des dortigen SOS-Treffs für Kinder und Jugendliche. Die offene Sozialarbeit gefiel mir und bestärkte mich nochmals in meinem Wunsch, an der Hochschule Mittweida am Standort Roßwein Sozialpädagogik zu studieren. Kurz darauf konnte ich mich über den Studienplatz freuen.“

Praxisphasen sind im Studium unabdingbar

Das Studium mit Diplomabschluss war sehr praxisorientiert, erfüllte aber ebenso meine Ansprüche an Forschung und Wissensvermittlung. Vor allem habe ich gelernt, wie man wo recherchieren muss, um an wichtige Informationen zu kommen. Heute, im Berufsleben, ist das eine unverzichtbare Fähigkeit. Während des Studiums konzentrierte ich mich darauf, in den Bereichen ‚Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen‘ und ‚Beschäftigungsmöglichkeiten für behinderte Menschen‘ praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Praxisorientierung drückte sich in den zwei Praktika aus, die ich freiwillig auf 22 Wochen ausdehnte, um möglichst lange in der Praxis arbeiten zu können. Lange Praxisphasen halte ich aus heutiger Sicht für sehr wichtig. Die Praktika haben mich, professionell gesehen, sehr geprägt und meine Denkweisen verändert. Ich wage sogar zu behaupten, wer Soziale Arbeit ausschließlich theoretisch studiert, lernt an der Praxis vorbei und wird sich nur sehr schwer im Berufsleben zurechtfinden können. Weiterhin haben mir die praxisorientierten Forschungsarbeiten während des Hauptstudiums sehr gefallen. Auf das Diplomsemester fühlte ich mich dadurch gut vorbereitet.“

„Für meine Diplomarbeit kooperierte ich mit dem Integrationsprojekt ‚Zuverdienstfirma für Menschen mit psychischen Erkrankungen’ des Vereins Zwickauer Hilfe Zentrum e.V. in Wilkau-Haßlau. Als ich die Diplomarbeit abgegeben hatte, bekam ich im Projekt einen Arbeitsvertrag als Praxisanleiter angeboten. Nebenher bewarb ich mich natürlich. Als Berufseinsteiger hatte ich es nicht leicht, mich gegenüber besseren Bewerbern abzuheben. Auch hier half es mir, dass ich bei Vorstellungsgesprächen von meinen beruflichen Erfahrungen erzählen konnte und in dieser Hinsicht viel zu bieten hatte. Im August 2005 unterschrieb ich einen Vollzeit-Arbeitsvertrag bei einem Bildungsträger in Döbeln.“

„Die Verwaltungsarbeit darf nicht wichtiger sein als die Arbeit mit den Menschen“

„Nach drei Jahren lernte ich nicht nur die Soziale Arbeit mit lernbehinderten Jugendlichen und langzeitarbeitslosen Erwachsenen kennen, sondern auch die Zwänge, in denen sich viele Bildungsträger befinden. Sie sind immer in Abhängigkeit von Kostenträgern, wie der Arbeitsverwaltung, und in harter Konkurrenz zu anderen Trägern. Da bleibt kaum noch Zeit für die eigentliche Unterstützungsarbeit mit den Jugendlichen. Am Ende konnte ich es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, die Verwaltungsarbeit wichtiger sein zu lassen als die Arbeit mit den Azubis. Das widerstrebte meinem professionellen Selbstverständnis.“

Frank Flemming suchte nach einer neuen Anstellung. Seine Vorkenntnisse und praktischen Tätigkeiten halfen ihm, im Bewerbungsgespräch zu überzeugen: „Der neue Job war sehr aufregend. Ich fiel buchstäblich ins kalte Wasser. Gleich nach der ersten Woche stand das große Stadtteilfest an. Ich bekam einfach eine Aufgabe zugewiesen, auch als Leiter. Im selben Monat kündigte noch ein Mitarbeiter im Projekt – eine harte Nuss für mich. Aber die Geschäftsführung übernahm Verantwortung und kümmerte sich um alles. Meine Kollegin und ich mussten uns neu koordinieren, wussten aber schnell, wer welche Aufgaben erfüllen muss. Meine erste wichtige Handlung war die Einführung eines Konzeptes zur ehrenamtlichen Ergänzungsarbeit im Projekt mit drei HelferInnen. Es war sehr spannend, weil absolutes Neuland für mich.“

Langweilig wird es als Sozialarbeiter nie: „Generell gibt es keinen ‚normalen’ Arbeitstag. Das ist gerade der Reiz meiner Tätigkeit. Es gibt eine Wochenstruktur aus Öffnungszeiten mit Gruppenangeboten und Sprechzeiten für Beratungen. Außerhalb der Öffnungs- und Sprechzeiten widme ich mich Gremienterminen in Dresden und Beratungsterminen beim Träger. Ein Tag kann so abwechslungsreich sein, dass ich morgens noch eine Dienstberatung habe, um danach die Kochgruppe anzuleiten. Nach der Kochgruppe kann ich dann noch eine Beratung haben. Ich weiß vorher nicht, was auf mich zukommen wird, da alles von den BesucherInnen des Projektes abhängt. Nur der Terminkalender gibt die Struktur.“

Menschlichkeit und Courage gegen Ungerechtigkeit und Leid

Für Frank Flemming ist die Arbeit auch eine persönliche Charakterentwicklung: „Wenn man mit Menschen arbeitet, die sich aufgrund gesellschaftlicher Abwertung auch selbst abwerten und dabei sogar depressiv werden können, kommt es darauf an, einerseits Menschlichkeit zu zeigen und den Kummer aufzunehmen. Anderseits aber muss man sich immer aufs Neue selbst abgrenzen und lernen, sich selbst wahrzunehmen. Ich erlebe sehr viel Ungerechtigkeit und Leid. Ich unterstütze und begleite. Die Entscheidungen, wie etwa sich zu wehren, müssen die Betroffenen aber selbst treffen. Das kann ich ihnen nicht abnehmen. Meine Stärke ist, mit meiner Ruhe und Sachlichkeit, aber auch mit einem offenen Ohr, auf die Ratsuchenden einzugehen. Das überträgt sich auf die Betroffenen und holt sie aus ihrer Aufgeregtheit. Bei mir gibt es immer Optionen und ich mache Mut. Das Miteinander der BesucherInnen ist nicht immer harmonisch. Kommen Konflikte auf, stellt mich das vor große Herausforderungen. Dabei ist mir wichtig, dass die Grundregeln des Respekts voreinander eingehalten werden.“

„Aber ich befinde mich in einer Entwicklung, die mich positiv stimmt. Ich bin heute sehr zufrieden – mit meinem Träger, mit meiner Arbeit, mit den KlientInnen und nicht zuletzt mit mir. Ich möchte mich derzeit beruflich nicht verändern. Ich kann mich bei diesem Träger persönlich weiterentwickeln. Schon nach vier Jahren habe ich viel gelernt und meine Professionalität verbessert.“

Dennoch verfolgt Frank Flemming zurzeit zwei Ziele: „Ich werde im Februar 2013 meine zweijährige Ausbildung in personzentrierter Gesprächsführung nach Carl Rogers abschließen. Diese Weiterbildung hat mich in letzter Zeit entscheidend beeinflusst. Noch viel mehr, sie ist zu meiner persönlichen Einstellung anderen Menschen gegenüber geworden. Ich wende Techniken im Umgang mit KlientInnen bei Beratungen und mit Kollegen bei Teamgesprächen und Fallbesprechungen an. Gern würde ich die Weiterbildung fortsetzen bzw. intensivieren. Dieses Jahr nutze ich zudem ein Leitungscoaching. Ich möchte mich als Leiter weiterentwickeln und meine Rolle noch besser ausfüllen.“ Wir wünschen Frank Flemming dabei für die Zukunft alles Gute.

Am 05. Juni 2012 begaben wir uns mit dem Auto auf den Weg nach Stolzenburg. Das kleine Dorf gehört zur Gemeinde Schönwalde und liegt unweit von Pasewalk und der deutsch-polnischen Grenze inmitten von Mecklenburg Vorpommern. Schon durch das Erfahren der Strecke erhielten wir einen ersten Eindruck über das Leben der Menschen in der Region. Vereinzelte Dörfer, kleine Häuser, weite Felder, lange Wegstrecken zwischen Ortschaften, kaum ein Geschäft – aus diesen ersten Bildern entwickelten wir Fragen, die wir in den darauffolgenden Experteninterviews stellen konnten.

Mit dem Bürgermeister der Stadt Löcknitz, Herrn Meistring, und dem Leiter der Kita Randow Spatzen, Herrn Lejeune, sprachen wir über die Thematik Bildung und grenznaher Wohnort. Vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war hier Thema. Auch das deutsch- polnische Verhältnis wurde angesprochen. Hier wurde deutlich, dass die Angebote zur deutsch- polnischen Verständigung eher mit Vorurteilen behaftet sind und ausschließlich von BürgerInnen wahrgenommen werden, welche an Bildung interessiert sind. Dabei ist im Besonderen auf  das deutsch-polnische Gymnasium und die Kindertagesstätte Randow Spatzen zu verweisen. Die medizinische Versorgung, die Arbeitsmarktproblematik und die langen Wegstrecken wurden zudem thematisiert.

Frau Hase besuchte uns in Stolzenburg und berichtete über ein Bildungsprojekt im Landkreis Uecker- Randow. Den Menschen wurden hierbei verschiedene Bildungsangebote gemacht. Die Schwierigkeit bestand in der Kontaktaufnahme und dem Vertrauensaufbau zu den Menschen.

In der Produktionsschule in Rothenklempenow sprachen wir mit Frau Schiebe. Das Konzept bietet viele Angebote für junge Menschen im Bereich der beruflichen Bildung. Durch die Kreisgebietsreform müssen die Jugendlichen täglich weite Strecken zur Produktionsschule zurück legen. Diese werden durch die öffentlichen Verkehrsmittel nicht abgedeckt. Demzufolge versucht der Träger einen Fahrdienst aufrechtzuerhalten, der mit hohen Kosten verbunden ist.

In Pampow besuchten wir ein Wohnheim für suchtbetroffene Menschen. Der Ort selbst ist sehr klein, und die Schwierigkeit lag darin, das Heim überhaupt zu finden. Der Leiter, Herr Köhler, empfing uns und erzählte uns Fakten zur Geschichte des Hauses und zur Konzeption selbst. Der Besuch und das Gespräch stimmten uns alle nachdenklich. Herr Köhler erwähnte die Veränderungsbedürftigkeit des Konzeptes und der Arbeit. Am Nachmittag fuhren wir auf abenteuerlichen Wegen nach Szczecin/ Stettin. Was für ein Kontrastprogramm: Autos, Menschen, Straßenbahnen und noch eine halbe Stunde zuvor ausschließlich Vogelzwitschern, das Rauschen des Windes und sonst nichts.

Nach Hause fuhren wir mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen, gut gewappnet für unsere Belegarbeit. So muss sich Sozialarbeit immer mit den Problemen/ Schwierigkeiten/ Gegebenheiten in einer bestimmten Region auseinandersetzen, Bedarfe erkennen und mit verschiedenen Akteuren und den Menschen vor Ort arbeiten, um gemeinsam Lösungen zu schaffen.