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Ingo Bunzeck, Absolvent Betriebswirtschaft

Ingo Bunzeck, Absolvent Betriebswirtschaft

Auf der Suche nach einer kleinen Hochschule in der Nähe zu seinem damaligen Wohnort kam Ingo Bunzeck an die Hochschule Mittweida: „Meistens weiß man ja als Student noch nicht so genau, wo man hinwill. Jedenfalls ist das noch größeren Schwankungen ausgesetzt. Meine jetzige Position erlaubt mir ein sehr eigenständiges und flexibles Arbeiten in einem internationalen Umfeld – das stimmt zumindest im Ansatz mit meinem generellen Interesse im Studium überein. Aber der Weg war alles andere als geradlinig. Außerdem haben mich damals schon die Spezialisierungen im Hauptstudium, z.B. Internationale Betriebswirtschaft, gereizt.“

Während seines Studiums hat er in einer ganzen Reihe von völlig verschiedenen Bereichen gearbeitet, um einen besseren Eindruck der späteren Jobmöglichkeiten zu bekommen: „Darunter war u.a. ein Praktikum bei der Werbeagentur Saatchi & Saatchi in Frankfurt/Main, in der ich bei verschiedenen Accounts, wie zum Beispiel Ritter Sport, gearbeitet habe. Neben dem Studium habe ich aushilfsweise auch in einem Maklerunternehmen für Wohnungen und Gewerbeimmobilien gejobbt.“

„Mit Fachwissen allein bestreitet man keinen Berufsalltag.“

Für Ingo Bunzeck ist das Fachwissen eine notwendige Grundlage, aber nicht ausreichend, um damit den Berufsalltag zu bestreiten: „Die ‚Haltbarkeit‘ von Wissen ist immer stärker im Wandel. Viele Teile der grundlegenden VWL-Theorie sind im letzten Jahrzehnt als abstrakt und wirklichkeitsfern kritisiert worden, Theorien die nicht mehr zeitgemäß die heutigen Wirtschaftsabläufe wiederspiegeln. Ich kann eigentlich nur jedem raten, so viel wie möglich während des Studiums auszuprobieren. Danach hat man entweder keine Zeit mehr oder muss sich dann langsam mal entscheiden. Das kann sowohl positiv als auch negativ sein: Manche Jobs sind viel langweiliger, als man sich vorgestellt hat, während andere doch spannender sein können, als gedacht.“

„Man sollte sich täglich auf neue, unvorhergesehene Begebenheiten einstellen können, z.B. wenn der Memorystick streikt und man auf die Schnelle bei einer Präsentation improvisieren muss. Strukturiertes Problemlösen ist eines der Ergebnisse des Arbeitens/Lernens an einer Hochschule. Hilfreich, speziell in einem internationalen Arbeitsumfeld, ist es, die kulturellen Gewohnheiten von Mitarbeitern aus anderen Ländern zu kennen. Das hat Mittweida wirklich ausgemacht: In Mittweida gab es dabei nie zu volle Hörsäle. Die Arbeit in kleinen Gruppen ist viel effektiver als an einer großen Uni.“

Vom Student zum Leiter des Büros Brüssel

„Ich habe zunächst eine Weile in Berlin gearbeitet, bei der deutschen Agentur zur Förderung von Auslandsinvestitionen. Dabei ging es um die Identifizierung und Anwerbung von ausländischen Firmen im Bereich Energie. Da ich aber noch Interesse an einem englischsprachigen Studienabschluss hatte, habe ich mich zu einem Masterabschluss im Bereich Technology und Innovationsmanagement an der Universität Maastricht in den Niederlanden entschlossen. Ich wollte gern eine Zeit im Ausland arbeiten und zudem an internationalen Projekten im Bereich Erneuerbare Energien mitwirken. Außerdem ist der Umgang in niederländischen Firmen legendär locker: Das DU ist eigentlich die einzig akzeptierte Form der Ansprache“, erzählt Bunzeck.

ECN ist das Energieforschungszentrum der Niederlande und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Entwicklung von neuen Technologien im Bereich der Erneuerbaren Energien. Am ehesten ist es noch mit einem Fraunhofer Institut in Deutschland zu vergleichen. Es gibt zwar eine kleine Grundfinanzierung vom niederländischen Staat, der Großteil der Einnahmen kommt jedoch aus Projekten in Zusammenarbeit mit der Industrie und von EU-finanzierten Forschungsprojekten. Ein Beispiel dieser Projekte ist die Entwicklung einer neuen Generation von Windturbinen. Nach einigen Jahren im Projektmanagement von EU-Projekten habe ich seit zwei Jahren die Leitung des Brüsseler Büros übernommen. Von dort aus werden alle Aktivitäten in Bezug auf EU-Projekte gesteuert: Wo liegen die Prioritäten? Stimmen diese mit unseren überein? Haben neue Gesetzesvorlagen Einfluss auf die Verbreitung oder Einführung von neuen Technologien (zum Beispiel Richtlinien über CO2-Normen von Autos)? etc.“

Sein jetziger „Alltag“ in einem flexiblen Job

Einen richtigen Alltag gibt es für Ingo Bunzeck nicht. Fast täglich nimmt er an ein bis zwei kurzen Besprechungen in Brüssel Teil, in denen es um Neuigkeiten zur Technologieförderung geht und beurteilt diese im Sinne von ECN: „Diese Besprechungen können z.B. von der Europäischen Kommission selbst oder auch von einer Landesvertretung organisiert sein. Daneben stehen auch Reisen zu Treffen mit anderen EU-Forschungsinstituten und Industriepartnern im Ausland auf dem Plan. Außerdem muss ich natürlich noch ab und zu in die Niederlande reisen, um mich dort mit meinen Kollegen vor Ort abzustimmen. Selbst mit allerlei technischen Errungenschaften lassen sich diese persönlichen Gespräche nicht völlig ersetzen und sind enorm wertvoll.“ Auch was in seinem Beruf schon einmal schief gelaufen ist, verrät er uns: „Oh ja! Verpasste Deadline, verschickte Emails an die falschen Personen, die den Inhalt eigentlich nicht lesen sollten… naja, passiert.“ Es hat sich seit dem Studium auch einiges in Ingo Bunzecks Privatleben geändert: „Man hat nicht mehr so viel Zeit, aber dafür einen sehr flexiblen Job.“

Michael Weber, Absolvent Elektrotechnik

Michael Weber, Absolvent Elektrotechnik

Warum haben Sie sich damals für Elektrotechnik in Mittweida entschieden?

„Ich wurde 1987 an der TU Dresden aufgrund zu vieler Bewerber abgelehnt. Mein Vater, damals wissenschaftlicher Oberassistent an der TH Ilmenau, kannte jemanden an der Ingenieurhochschule Mittweida. Dieser Jemand war kein Geringerer als Alt-Kanzler Dr.-Ing. Lothar Otto. Er vermittelte mir ein Vorstellungsgespräch und so konnte ich Dank meiner guten Noten, die für Dresden knapp nicht gereicht hatten, 1989 in Mittweida in der Sektion Mikroelektronik-Elektroniktechnologie anfangen.“

Wie sind Sie zu Lenze Schmidhauser gekommen?

„Nach einem Kurzaufenthalt von einem Jahr bei der Fela AG Thundorf/Schweiz, wechselte ich (im Übrigen immer als Layouter angestellt) zu Baumer Electric Frauenfeld/Schweiz, einer der zehn größten Sensorhersteller Europas. Ich kann mit Recht behaupten, dass rund 65 bis 70 Prozent aller im Zeitraum von 1996 bis 2006 entwickelten Sensoren (optisch, induktiv, Drehgeber, kapazitiv) als Leiterplatte durch meine Finger gegangen sind, u.a. der damalig kleinste optische Sensor im 10er Gehäuse (eine mehrfach gefaltete flexible Leiterplatte). Ein guter Kollege wechselte 2004 zur damaligen Schmidhauser AG (später von Lenze SE/Hameln übernommen) und schaffte es, mich 2006 ‚abzuwerben‘. Ich war der Meinung, im Bereich Sensorik alles gesehen zu haben und mich noch einmal verändern zu wollen. So landete ich im Bereich Leistungselektronik drehzahlveränderbarer elektrischer Antriebe, sogenannte Frequenzumrichter. Ein spannendes Umfeld voller Spannungsklassen, Spannungen, Ströme bis 70 Ampere auf der Leiterplatte und einer immer kompakteren Bauweise.“

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

„Meetings, Meetings, Meetings. Im Ernst? Natürlich nicht. Ein Projekt, d.h. eine Komplett-Entwicklung eines Umrichters oder gar einer ganzen Umrichterfamilie, kann schnell mal zwei Jahre dauern. Notwendig sind auch Ingenieurmuster und Prototypen, sodass man sehr lange an so etwas arbeiten kann. Für das Layout des Leistungsteils eines Frequenzumrichters gehen schnell zwei Monate ins Land, in denen der Layouter immer die Schnittstelle zwischen Entwicklung, Mechanik-Konstruktion, Produktion und Test-Abteilung bildet. D.h., dass man ständig Abklärungen mit allen Beteiligten treffen muss, um Träume und Wünsche in ein fertigbares Produkt umzusetzen, möglichst ohne viele Re-Designs. Dazu waren noch vor nicht allzu langer Zeit viele Reisen nach Hameln nötig. Das wird heute meistens über Videokonferenzen, Telefon und Netviewer abgewickelt, wobei aber der persönliche Kontakt eminent wichtig ist. Man muss die Leute, mit denen man zu tun hat, schon mal gesehen haben und wissen, wie sie so ticken. Kurz gefasst heißt das: Mein Arbeitsalltag besteht aus vielen Gesprächen, konzentriertem Arbeiten am PC, Schemata erstellen, Layouts, Abklärungen technischer Machbarkeiten usw.“

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen?

„Die Schmidhauser AG pflegt schon immer einen sehr persönlichen, fast familiären Kontakt zueinander. Natürlich gibt es bei uns Hierarchie-Stufen, diese sind aber bewusst sehr flach gehalten und es wird sich grundsätzlich vom CEO bis zum ‚einfachen‘ Mitarbeiter geduzt. Extreme Spitzenleistung mit einem kleinen Team zeitnah und kostensparend zu erzielen, kann sowieso nur mit sehr familiären Strukturen funktionieren. Deshalb wird bei uns sehr viel Wert auf Teamfähigkeit gelegt.“

Was würden Sie als Ihren größten beruflichen Erfolg bisher bezeichnen?

„Alles was als Leiterplatte sofort ohne große Probleme läuft und auch noch die EMV-Normen einhält. Im speziellen Baumer electric, 10er Sensor und Lenze, Inverter protec.“

Wem würden Sie einen Job in Ihrer Branche empfehlen?

„Leuten, die an der Zukunft arbeiten möchten, den Blick über den Tellerrand werfen, kommunikativ sind und die den Spruch ‚Geht nicht, gibt‘s nicht.‘ leben.“

Sind Sie heute da, wo Sie als Student hinwollten?

„Definitiv nicht. Und andererseits: Ja. Als studierter Mikroelektroniker sollte ich bei NXP oder in einer Fabrik in Dresden sein. Das haben aus unserer Seminargruppe nur drei geschafft. Deshalb habe ich mich sehr früh in Richtung Layout bewegt. Wobei vor allem bei Miniaturisierungen elektrischer Schaltungen z.B. ChipOnBoard mit Bondverbindungen mir dieses Wissen der Mikroelektronik/Elektroniktechnologie sehr entgegen kam.  Deshalb: Ja.“

Was verbinden Sie heute mit Mittweida?

„Hier habe ich fünf wichtige Jahre meines Lebens verbracht. Ich beobachte sehr aufmerksam, was so passiert, z.B. die News, die neue Turnhalle, neue Studienbereiche und den Hochschulsport.“

Wenn Sie jetzt noch einmal auf Ihr Studium zurückblicken: Gibt es etwas, das Sie anders machen oder worauf Sie besonders achten würden?

Michael Webers Stein auf dem Erinnerungsweg

Michael Webers Stein auf dem Erinnerungsweg

„Nein. Wir hatten eine tolle Zeit. Manchmal etwas im ‚rechtsfreien‘ Raum während des Umbruches, aber als Seminargruppe treffen wir uns heute noch zu großen Teilen jedes Jahr an Auffahrt (Männertag). Das sagt genug über den Zusammenhalt aus, glaube ich. Besonders geschätzt habe ich die sehr familiäre Atmosphäre. Bei 600 Studenten war das ja auch kein Problem.“

Haben Sie einen Tipp, den Sie (künftigen) Studenten mit auf den Weg geben möchten?

„Wichtig ist der Blick über den Tellerrand, das Kennen anderer Disziplinen und Bereiche, das Offensein für Neues und Unerwartetes. Als Einzelner kann man nur Bestehen, wenn man extrem gut ist. Im Team ist es sehr viel leichter als allein.“